Am Freitag, dem 13. März, war es soweit: RTLZWEI und El Cartel Media ziehen um ins Mobile Office. Auf die Stimmung drückte nicht nur Covid-19, sondern auch die Erkenntnis, dass wir uns jetzt auf ungewisse Zeit nicht mehr in unserem schönen Sendergebäude sehen werden. Erfreulich hingegen, wie gut der Umzug technisch geklappt hat. Ein Hoch auf unsere IT guys also! Über Microsoft Teams und Citrix arbeiten wir nun im Großen und Ganzen so effizient wie vorher. Über Teams-Gruppen haben wir ganz schnell auch inoffizielle Kommunikationskanäle digital reproduziert, wie den Schwatz in der Teeküche und anderes mehr.
Dirk Kolditz, Leiter Technology Operations, berichtet, wie er den Exodus der Kolleginnen und Kollegen erlebt hat und welche Lehren er aus den Erfahrungen zieht.
IT-Abteilungen bereiten sich auf Hackerangriffe, Schadsoftware, Hardware- und Stromausfälle vor – sogar Terrorattacken, Flugzeugabstürze und Naturkatastrophen haben einige auf dem Radar. Haben Du und deine IT-Kollegen mit einer Pandemie gerechnet? Dass praktisch das ganze Unternehmen von jetzt auf gleich ins Home Office wechseln muss?
Tatsächlich: Die Viren, vor denen wir uns normalerweise fürchten, sind eher nicht biologischer Natur. Trotzdem ist natürlich eines der Szenarien beim Thema Business Continuity bzw. Desaster Recovery, dass das RTLZWEI-Gebäude nicht betreten werden darf. Das kann ja auch ein Brand o.ä. sein. Wir haben daher unser Rechenzentrum auf drei Standorte und die Cloud verteilt, halten tägliche Backups der essenziellen Daten vor und haben so eine hohe Ausfallsicherheit. Darüber hinaus haben wir schon seit langem dafür gesorgt, dass die wichtigsten Prozesse bei RTLZWEI auch von einem anderen Standort aus abgewickelt werden können.
RTLZWEI hat schon vor einiger Zeit damit begonnen, allen Mitarbeitern das Arbeiten im Mobile Office zu ermöglichen. Was hätte es bedeutet, wenn ihr Anfang März mit der Ausstattung der Kollegen und der ganzen Infrastruktur dahinter praktisch bei null hättet anfangen müssen – wie viele andere Unternehmen?
Ganz einfach: Das wäre schlichtweg nicht gegangen. Es wären schon mal Laptops in der benötigten Stückzahl nicht kurzfristig verfügbar gewesen. Zudem wäre es sicher kaum möglich gewesen Office 365 und Teams ohne jegliche Tests und Erfahrung einfach für das ganze Haus auszurollen. Da arbeiten wir schließlich auch schon seit zwei Jahren daran und sind noch lange nicht am Ziel.
Insgesamt muss ich sagen: Wir hatten echt Glück. Wäre das alles vor fünf Jahren passiert, hätten wir sehr viel größere Probleme als heute. So gibt uns das eher einen Push für den ohnehin begonnenen Weg in Richtung anderer Arbeitsformen.
Ein TV-Sender arbeitet nicht nur mit Office-Dokumenten. Was ist mit sehr rechenintensiven Anwendungen wie Videobearbeitung?
Wir konnten auch die Videoschnittaufgaben außerhalb unserer lokalen Infrastruktur abbilden. Das war zwar in Planung, aber noch nicht etabliert. Mit etlichen Workarounds und einem tollen Team und eben solchen Anwendern haben wir das schneller geschafft, als ich gedacht hätte. Hier insgesamt nachhaltige Lösungen zu finden, ist eine Aufgabe für die nahe Zukunft. Da arbeiten wir schon dran.
Du bist ein Fan von Microsoft Teams und versuchst schon geraume Zeit, die Kollegen von den Vorzügen der Software zu überzeugen. Jetzt sind sie quasi gezwungen damit zu arbeiten. Kommen jetzt alle damit klar?
Tatsächlich bin ich auch privat Microsoft-Fan. Ich habe mein Windows Media Center geliebt, meinen Windows Home Server und mein Windows Phone. Leider gibt es das alles nicht mehr. Aber die Microsoft-365-Welt ist auch bei uns zuhause Alltag. Kein Server mehr. Alle Daten, Bilder, Musik auf OneDrive. Mit einer guten Internetanbindung ist das perfekt.
Das klingt jetzt wie Werbung, aber deine Begeisterung ist echt. Bei den Kollegen war die Lust auf Office 365 und Teams bislang begrenzt.
Bei RTLZWEI und El Cartel Media hatten das einige Abteilungen schon intensiv genutzt, anderen war es schwer zu vermitteln. Auch die IT-Kollegen müssen hier umdenken. Der Umgang mit Outlook und Laufwerken ist einfach allen sehr vertraut. In den vergangenen Tagen kam der Zuspruch bei den meisten dann ganz automatisch. Schon alleine ohne die Videokonferenzen wäre das Arbeiten gerade sehr schwer.
Die Herausforderung ist nun, die weiteren Möglichkeiten der Software mit ihrer neuen Denkweise zu etablieren. Das wird noch viel Arbeit. Dennoch: Um den Zuspruch der vergangenen Wochen zu bekommen, hätten wir normalerweise mindestens ein bis zwei Jahre gebraucht.
Wie ist der Auszug von RTLZWEI deiner Meinung nach gelaufen? Schulnote von 1 bis 6?
Obwohl wir wohl besser als viele Unternehmen aus dem regulären Bürobetrieb in das Mobile Office gewechselt sind, würde ich uns eine 2 minus geben. Durch den Sturm Sabine im Februar, bei dem sehr viele Kollegen zuhause waren, konnten wir die Auslastung unserer Systeme gut einschätzen. Tatsächlich ist nun aber die dauerhafte Auslastung der Systeme noch mal ca. 80 Prozent höher als damals.
Eine klare 1 verdient, dass wir sehr schnell und agil auf die Situation reagieren konnten. Wir haben mit unseren kurzen Entscheidungswegen noch schnell die nötige Hardware und die fehlenden Lizenzen nachgerüstet und so die Leute ausgestattet, die bisher nicht im Mobile Office gearbeitet hatten. Und das alles, bevor der Markt leer gefegt war. Laptops und Headsets bekommt man mittlerweile nur noch sehr schwer.
Ein ganz riesengroßer Dank an die Kolleginnen und Kollegen des IT-Supports von der Firma Ready Computer. Wegen des Infektionsschutzes haben sie von daheim aus Telefonsupport und administrative Aufgaben übernommen, während die verbliebenen Kollegen im Haus den Ansturm bewältigt haben. Es war ja für alle eine Extremsituation, und sie sind immer nett, freundlich und professionell aufgetreten. Danke euch!
Welche Learnings habt ihr bereits jetzt für die Zukunft gezogen? Glaubst du, dass Mobile Office nach dem Ende der Corona-Krise viel selbstverständlicher sein wird? Oder sind die Kollegen dann froh, endlich wieder zusammen zu sein, auf Geschäftsreise zu gehen etc.?
Meine persönliche Meinung ist, dass viele Geschäftsreisen künftig wegfallen und per Videokonferenz gemacht werden.
Spannender finde ich die Frage, wie sich das Thema Mobile Office insgesamt entwickeln wird. Einerseits haben viele Mitarbeiter und Vorgesetzte erkannt, dass im Mobile Office wirklich effektiv und effizient gearbeitet werden kann. Andererseits vermissen die Leute auch die Gemeinschaft bei RTLZWEI. Aktuell kommt noch die Zusatzbelastung hinzu, dass meist beide Partner und die Kinder gemeinsam zuhause sind. Das kann auch schon mal negative Erfahrungen mit sich bringen.
Interessant auch: Bestehen alle weiter auf einen festen Arbeitsplatz im Haus? Oder wird man auch innerhalb des Gebäudes mobiler? Wir werden sehen. Auf jeden Fall werden wir versuchen, den Schwung mit in die Zeit nach der Krise zu nehmen.
Spürt ihr eine gewachsene Anerkennung für die Arbeit der „IT guys“?
Ja, es gibt sehr viel Zuspruch der RTLZWEI-Kollegen, der Abteilungsleiter und der Geschäftsführung. Das Bild des IT-Supports wandelt sich gerade. Nun geht es nicht mehr in erster Linie um Rechenzentrumsbetrieb und Geräte-Support, als vielmehr darum, mit den Kollegen neue Workflows zu etablieren und dabei die Möglichkeiten der Cloud zu nutzen – all das ohne Abstriche bei der Sicherheit und dem Datenschutz. Das wird für uns alle noch sehr spannend und alle lernen gemeinsam.
Veröffentlicht
am 21. April 2020 im Bereich: Unternehmen.
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