28. September 2020

„Das ist Gold für einen Fernsehmacher“: Gespräch mit den Machern von „Die Wollnys“

Sylvia, Harald, Sarafina und Peter, Calantha und Cathaleya, Estefania, Lavinia, Loredana, Sarah-Jane und  Sylvana: Die Wollnys sind zurück! Seit 2011 sind sie Deutschlands beliebteste Großfamilie. Jetzt mischen sie mit neuen Folgen wieder den Mittwochabend auf. Woran liegt es, dass die Wollnys über so viele Jahre eine treue Fangemeinde haben und beständig neue, junge Zuschauer gewinnen?

Florian Reinhardt, Creative Director der Produktionsfirma splendid Studios, hat die Familie entdeckt und begleitet sie seither kontinuierlich. Christian Weiß, Leiter Redaktion Docutainment bei RTLZWEI, war schon Fan der Wollnys, bevor er zum Sender kam. Gemeinsam erklären sie das Erfolgsrezept der Dokusoap. 

Was zeichnet „Die Wollnys“ aus? Was ist das Besondere an dieser Dokusoap?

Florian: Die Geschichten entwickeln sich immer unvorhersehbar und authentisch. Die vielen Kinder sind liebenswert und sorgen dafür, dass es immer was zu erzählen gibt: Sorgen, Konflikte, Freude und erreichte Ziele. Die Wollnys haben auch keine Scheu vor der Kamera. Egal, ob die an ist oder nicht: Sie verhalten sich immer natürlich.

Christian: Silvia ist eine Löwenmama. Sie hat zwar manchmal einen rauen Ton, aber das Herz am rechten Fleck. Sie hält die Zügel in der Hand und würde alles tun für diese Familie. Die Kinder lieben sie dafür. Das hat mich schon als Zuschauer fasziniert, bevor ich zu RTLZWEI gegangen bin.

Gleichzeitig ist nie Stillstand: Haus renovieren, Sarafina heiratet Peter, Calantha alleinerziehend… Jeder Zuschauer kann so etwas an seinem eigenen Leben nachvollziehen, die einschneidenden Ereignisse wie den Alltag einer Familie. Dabei hilft natürlich, dass die Familie unter einem Dach wohnt – etwas, das die Wollnys auszeichnet, und das nicht bloß fürs Fernsehen gemacht wird.

Florian Reinhardt, splendid Studios, mit Silvia Wollny und Christian Weiß, RTLZWEI, mit Harald Elsenbast

Wer hat die Familie entdeckt, bzw. das Format geschaffen?

Florian: Den Wollnys bin ich zum ersten Mal begegnet, da sollte ich für RTL eine Familie beim Urlaub in der Türkei begleiten. Wir wollten das Rufen aller Namen drehen, aber das hat nicht funktioniert. Das war Silvia egal. Es war ihr nicht peinlich, sondern sie hat es einfach noch mal und noch mal probiert und sich dabei selber amüsiert, bis es dann geklappt hat.

Da habe ich schnell gemerkt, die Wollnys leben in einer eigenen Welt, mit einer eigenen Art, die Dinge wahrzunehmen. Und Silvia ist unterhaltsam – einfach so, ohne sich anzustrengen. Und man lacht mit ihr, nicht über sie.

Wie kamen die Wollnys dann zu RTLZWEI? 

Florian: Wir haben die Wollnys immer mal wieder hier und da untergebracht. Auch Stefan Raab hatte oft das Rufen der Namen in TV Total. Dann hatten wir einen Termin bei RTLZWEI. Wir sind mit 18 Formaten angereist, die wollten sie alle nicht. Eher beiläufig habe ich dann das Casting der Wollnys auf meinem Notebook gezeigt, und das war’s. Aus erstmal sechs Folgen 2011 sind dann 12 Staffeln geworden.

„Die Wollnys“ sind einer der wichtigsten Langläufer bei RTLZWEI. Wie schafft man es, dass das Format nach so vielen Jahren spannend bleibt?

Florian: Dafür sorgen die Wollnys schon selber. Das Futter geht nie aus. Man muss sich um die echten Sorgen und Nöte der Familie kümmern und sich der Familie wahrhaftig annehmen. Wir haben immer eine Grundlage gehabt, und die heißt Augenhöhe. Nur mit Vertrauen kann man so lange eine freundschaftliche, aber auch geschäftliche Beziehung pflegen.

Dann hat man eine niemals endende, immer größer werdende Welt voller Charaktere und Geschichten: Die Kinder werden erwachsen, bekommen Nachwuchs, und wir erleben mit der ganzen Familie zusammen die Achterbahnfahrt des Lebens.

Christian: Wenn ein Format so viele Jahre relevant bleibt und seine Fans bindet, dann ist das Gold für einen Fernsehmacher. Das ist natürlich kein Selbstläufer. Dahinter steckt die maximale Leidenschaft aller Beteiligten.

Wie läuft die Arbeit mit den Wollnys ab? Wie hat sich die Zusammenarbeit über die Jahre verändert? 

Florian: Wir sind fast die ganze Zeit vor Ort, wir leben eigentlich mit denen, außer am Wochenende und in den Urlauben. Es ist immer dasselbe Team, derselbe Realisator, derselbe Kameramann, Tonassistent, Aufnahmeleiter… Silvia und Harald sagen, was an einem Tag ansteht und was wir filmen können. Das fassen wir zu Treatments zusammen, und dann geht’s los.

In der Regel gehen die Drehtage von 11 bis 17 Uhr. Das ist nicht wie bei einem Fiction-Dreh, sondern da findet einfach das Leben statt. Silvia kocht, schmeißt den Haushalt, und ist noch immer vor allem Mutter. Obwohl sie jetzt prominent ist, ist sie bodenständig geblieben. An sich selbst denkt sie zuletzt.

Christian: ich kenne niemanden im Dokusoap-Bereich, der so eine Präsenz und so einen außergewöhnlichen Charakter hat wie Silvia Wollny. Sie ist etwas ganz Besonderes.

Kampagnenmotiv zum Start der neuen Folgen
Kampagnenmotiv zum Start der neuen Folgen

Dokusoaps wird oft pauschal unterstellt, sie seien nicht dokumentarisch, sondern inszeniert. Was entgegnet ihr solchen Stimmen?

Christian: Fernsehen ist ein Handwerk, ganz klar. Aber gefaket wird nichts. Was in der Familie passiert, das passiert. Es gibt keine Anweisungen, tu dies oder tu jenes. Die beinahe permanente Präsenz des Teams, die Flo geschildert hat, ist Voraussetzung dafür, dass wir nichts verpassen und das, was geschieht, mit der Kamera begleiten können.

Das Format wäre niemals so langlebig, wenn es gestellt und damit nicht authentisch wäre. Die Wollnys, RTLZWEI und Splendid verbindet ein Vertrauensverhältnis, ohne das so eine Produktion nicht möglich wäre – gerade auch in schlimmen Situationen wie Haralds Herzinfarkt.

Florian: Silvia und die Kinder könnten das gar nicht – faken oder schauspielern. Das sind ganz normale Menschen. Wir legen viel Wert darauf, dass die Familie in allen Situationen spontan und ehrlich reagiert. Nur so entstehen Szenen und Dialoge, die kann man sich gar nicht ausdenken, selbst, wenn man wollte.

Streaming hat den Markt verändert. Welche Zukunft seht ihr in Zeiten von Netflix und Co. für deutschsprachige Reality und Dokusoaps wie die Wollnys und andere?

Christian: Die Streamer sind ganz anders positioniert. Netflix wird es niemals schaffen, lokale Geschichten und Gefühle so unmittelbar und glaubhaft zu erzählen wie wir. Das ist auch gar nicht ihre Absicht.

RTLZWEI und seine Produktionspartner wie splendid sind ganz nah an den Menschen in Deutschland. Auf dieser Ebene emotionalisieren wir unser Publikum, weil es in einem ähnlichen Umfeld lebt oder die gleichen Sorgen und Glücksmomente hat. Die Streamer behandeln solche Themen viel abstrakter und stilisierter.

Florian: „Die Wollnys“ sind eine Marke, die über Jahre aus sich heraus entstanden ist, ungeplant, durch Vertrautheit und die Nähe zum Zuschauer. Das macht Dokusoaps aus, und RTLZWEI hatte hier schon immer die größte Kompetenz. Das ist ganz was anderes als die hochformatierten Inhalte der Streamer. Die suchen immer nach einem anderen, größeren Zugang.

Reality und Dokusoaps brauchen nichts als tolle Protagonisten und eine nahbare, unterhaltsame Welt. Das reicht, da muss man nicht noch was drüber stülpen.


Veröffentlicht am 28. September 2020 im Bereich: Programm.
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